Die Fußballweisheiten dieser Welt haben uns schon so manches Mal gute Dienste bewiesen. Doch denkt man über den grünen Rasen hinweg, bleibt die Welt mit all' seinen Kuriositäten ein einziges Mysterium. Ob unter der Dusche, beim Ausdauerlauf oder am Abend nach dem Spiel auf dem Sofa, der ausschweifende Gedanke wirft die große Frage unserer Existenz auf. Alles fing einmal damit an, dass ich im Flugzeug Richtung Süden saß und bei anhaltenden Turbulenzen über den Sinn und Unsinn der Sicherheitsmaßnahmen an Bord nachdachte. Wieso, fragt ich mich, gibt es im Flugzeug eigentlich Schwimmwesten und keine Fallschirme? Damit nicht genug: Wenn die Black Box eines Flugzeuges unzerstörbar ist, wieso baut man dann eigentlich nicht das ganze Flugzeug aus diesem Material? Und was würde passieren, wenn dieses Flugzeug nun auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen würde und der Pilot sich dazu entschließt, die Scheinwerfer einzuschalten? Dann doch lieber auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Doch sind diese überhaupt so sicher, wie wir es vermuten? Ich muss immer mehr zweifeln. Und das nicht nur, weil ich mich im Supermarkt fühle, als würde ich von fremden Mächten verfolgt. "54 an 19, bitte, Fernverbindung!", hallt es hinter mir, dann: "36 zu 14, ein 20, schnell". Codierte Anweisungen? Eine geheime Sprache einer unbekannten Spezies? Die lang gesuchten Supermarkt-Wesen, die die Strohhalme mit unaufhörlicher Geduld an die Sunkist-Packungen kleben und auf Tetra Packs "Hier Öffnen" schreiben? Was passiert denn eigentlich, wenn der Verbraucher die erste Verpackung in der Hand hält, auf der "Woanders öffnen" drauf steht? Würden dann vielleicht die anderen Mysterien des Alltags geklärt werden? Bekomme ich eine Antwort auf die Frage, warum Superkleber überall klebt, nur nicht auf der Innenseite der Tube? Und wenn nichts an Teflon haftet, warum haftet es dann an der Pfanne? Warum gibt es für Katzen eigentlich kein Futter mit Mäuse-Geschmack? Und wenn Distel-Öl aus Disteln und Erdnuss-Öl aus Erdnüssen gemacht wird, woraus besteht dann Baby-Öl? Wie heißt denn nun dieses ewige Stück Holz/Metall/Plastik, dass ich im Supermarkt zwischen meine Sachen und den Großeinkauf der Einwandererfamilie legen muss? Immer tiefer versinkt man in die Unsicherheit der Existenz. Irgendein Mechanismus muss dahinter stecken, der uns hilft, wenn wir nicht mehr wissen, wie es weiter gehen soll. Dann kaufe ich doch lieber ein E. Aber das für 300 Mark? Warum soviel? Wer sagt denn, wie viel ein E, ein A oder auch ein I wert ist? Wer sagt denn einer Thermoskanne, die nach landläufiger Meinung im Sommer kalt und im Winter warm hält, wann es Winter und wann Sommer ist? Wer, ja wer beschreibt denn die Schilder der Schildermacher, wenn sie streiken? Wie kommt denn eigentlich der Schneepflugfahrer morgens zur Arbeit? Warum muss man für den Besuch beim Hellseher einen Termin haben? Auch der Versuch, sich irgendwo beraten zu lassen, wird natürlich ein Reinfall. Selbstverständlich wähle ich die falsche Nummer. Doch warum ist nie besetzt, wenn ich mich verwähle? Wieso hat die 24-Stunden-Tankstelle bei mir um die Ecke überhaupt Türschlösser? Und wenn es heute 0 Grad waren, wie kalt ist es dann morgen, wenn es doppelt so kalt sein soll? Wieso hat Tarzan eigentlich keinen Bart? Für tödliche Injektionen in den USA werden sterilisierte Spritzen benutzt. Warum? Gibt es ein anderes Wort für Synonym? Die Gedanken drehen sich im Kreis. Doch immer mehr Fragen tauchen auf. Warum glauben es die Leute sofort, wenn man erzählt, dass es am Himmel 400 Billionen Sterne gibt, aber wenn man ihnen sagt, dass die Bank frisch gestrichen ist, setzen sie sich hin? Und wenn diese 400 Billionen Sterne in einem Universum gefangen sind, dass alles ist und sich ausdehnt, wohin dehnt es sich dann aus? Warum besteht Zitronenlimonade größtenteils aus künstlichen Zutaten, während im Geschirrspülmittel richtiger Zitronensaft drin ist? Und warum setzt sich der übelriechende, schmatzende und übergewichtige Bauarbeiter im Kino, Bus, Theater, _________________ (hier etwas eigenes einfügen) immer neben mich? Viel schlimmer: Was machen die Helden meiner Jugend heute? Wo sind Jason Donovan, Hanni und Nanni geblieben? Ich weiß es nicht. Wirklich nicht. Ich bin überfordert. Dann spiele ich doch lieber Fußball. Da muss das Runde in das Eckige (des Gegners). Das ist viel einfacher. Dann brauche ich auch keine Antwort auf die Frage, warum Frauen nie alleine aufs Klo gehen.
2001-02-16
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